Erbe - siehe Liste

"ERBE? SIEHE LISTE!"

Bekanntlich können Testamente auch wirksam eigenhändig errichtet werden.

 

Allerdings stellt das Gesetz hierfür zwei formale Mindestanforderungen auf.

 

Der Text muss handschriftlich verfasst und unterschrieben sein.

 

Auch wenn es verwundern mag, in der Praxis tauchen im Zusammenhang mit der zweiten Voraussetzung, der Unterschrift, immer wieder Probleme auf. Durch die Unterzeichnung eines Schriftstücks am Ende, also unter dessen Inhalt, wird das Dokument abgeschlossen und nach außen wird für jedermann deutlich, dass das, was zuvor niedergeschrieben wurde, eindeutig dem Willen des Ausstellers entspricht.

 

Was gilt aber, wenn handschriftliche Nachträge, beispielsweise am Rand, nicht gesondert mit einer Unterschrift versehen werden?

 

Was gilt, wenn sich die Unterschrift auf dem verschlossenen Briefumschlag befindet, in welchem das Testament getan wurde?

 

Es ist dann stets eine Frage des Einzelfalls, ob in solchen Fällen noch festgestellt werden kann, dass das Geschriebene definitiv dem endgültigen Willen des Erblassers entspricht. Wie der nachstehende, vom Oberlandesgericht München im Oktober 2010 letztinstanzlich entschiedene Fall zeigt, dass die Gerichte was diese Formvorschriften anbelangt, regelmäßig strenge Maßstäbe anlegen:

 

Eine kinderlose Witwe hatte ein handschriftliches Testament errichtet, in welchem sie zunächst ihren Betreuer mit der Räumung des Kellers beauftragte und sodann Sparguthaben aufteilte.

 

Sie verfügte in dem Testament:

 

„Nach Abwicklung der gesamten anfallenden Kosten geht das restliche Sparguthaben zu gleichen Teilen an folgende Erben (s. Liste).“.

 

Diesen Text unterschrieb sie und listete dann unter der Unterschrift sechs Personen namentlich auf, unter anderem den Betreuer.

 

Nach deren Tod beantragte dieser einen Erbschein, der alle aufgelisteten Personen als Miterben zu gleichen Teilen ausweisen sollte, weil das Sparguthaben der noch einzig hinterlassene Vermögenswert war. Die fehlende Unterzeichnung der Liste mache die Erbeinsetzung, so die Meinung des Betreuers, nicht unwirksam, denn der Bezug zu dem übrigen Text sei äußerlich wie inhaltlich so eng, dass nur so der Wille der Erblasserin erkennbar und durchsetzbar sei. Wäre die Liste unbeachtlich, käme es zur gesetzlichen Erbfolge, was ersichtlich nicht gewollt gewesen sei.

 

Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht nicht und lehnte den Erbscheinsantrag wegen Formunwirksamkeit der Erbeinsetzung ab. Die Erbeinsetzung müsse zwingend in dem von der Unterschrift gedeckten Text selbst zu erfolgen. Dies sei hier gerade nicht erfolgt, denn die Erben werden erst anschließend, außerhalb des eigentlichen Testamentstextes bestimmt. Mangels Unterzeichnung der Liste könne nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, ob die Erblasserin diese wirklich verbindlich wollte. Es bestehe in solchen Fällen auch ein Fälschungsrisiko, welchem durch die strenge Anwendung der Formvorschriften gerade vorgebeugt werden soll.

 

Dieser Fall belegt, dass man bei Änderungen oder Ergänzungen privatschriftlicher Testamente genauestens darauf achten sollte, dass diese gesondert unterschrieben werden, am besten noch mit Datumsangabe.

 

Der sicherste Weg, für die Durchsetzung des letzten Willens zu sorgen, ist die Errichtung eines notariellen Testaments, welches beim Nachlassgericht hinterlegt wird. Die Kosten hierfür entsprechen denjenigen, die nach dem Tod des Erblassers für die Erteilung eines Erbscheins bei einem handschriftlichen Testament anfallen.


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