Fehlende Erbeneinsetzung

FEHLENDE ERBENEINSETZUNG BEI NICHTEHELICHER PARTNERSCHAFT

In der erbrechtlichen Praxis häufen sich die Fälle, an welchen langjährige nichteheliche Lebenspartner beteiligt sind.
 
Bedenkt man, dass seit den 70er-Jahren die nichtehelichen Partnerschaften stetig zugenommen haben, ist dies nicht verwunderlich. Der nachfolgende, vom Oberlandesgericht Düsseldorf im Juli dieses Jahres entschiedene Fall zeigt, welche Streitigkeiten entstehen können, wenn es hierbei an eindeutigen testamentarischen Regelungen fehlt:
 
Die Geschwister ihres verstorbenen Bruders streiten vor dem Nachlassgericht mit der Tochter seiner früheren Lebensgefährtin um die Erteilung eines Erbscheins.
 
Der Bruder hatte keine eigenen Kinder hinterlassen, weshalb seine Geschwister als gesetzliche Erben in Betracht kamen. Er hatte jedoch ein Testament errichtet, in welchem er seine verstorbene Lebensgefährtin, mit der er über 30 Jahre zusammen gelebt hatte, zu seiner Alleinerbin eingesetzte. Weitere Anordnungen traf er darin nicht. Die Lebensgefährtin verstarb jedoch wenige Monate vor ihm.
 
Die Tochter der vorverstorbenen Lebensgefährtin meint nun, sie sei als Ersatzerbin an die Stelle ihrer Mutter getreten und beantragt beim Nachlassgericht deshalb die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Dem treten die Geschwister des Erblassers entgegen und beantragen ihrerseits einen auf sie als gesetzliche Erben lautenden Erbschein. Sie argumentieren, dass deren Bruder im Testament ausdrücklich keinen Ersatzerben benannt habe, weshalb er für den jetzt eingetretenen Fall, dass seine Lebensgefährtin vor ihm versterbe, die gesetzliche Erbfolge gewollt habe. Die Tochter der Lebensgefährtin meint demgegenüber, zu ihren Gunsten sei eine gesetzliche Auslegungsregel ihrem Sinn nach anzuwenden.
 
Diese besagt, dass wenn jemand einen seiner Kinder als Erbe einsetzt und dieses nach der Errichtung des Testaments verstirbt, im Zweifel anzunehmen ist, dass dessen Abkömmlinge, also die Enkel an dessen Stelle treten. Dies sei vergleichbar mit der vorliegenden Situation.
 
Dieser Argumentation folgte weder das Nachlassgericht noch das Beschwerdegericht. Allerdings prüften beide, ob in der Einsetzung der Lebensgefährtin der versteckte oder mutmaßliche Wille gesehen werden kann, auch deren Tochter als Ersatzerben zu berufen. Dies könne nicht von vorneherein von der Hand gewiesen werden, denn immerhin lebte er mit seiner Lebenspartnerin über 30 Jahre zusammen. Es handele sich um also um eine solch nahestehende Person, bei der es durchaus gewollt sein kann, dass nicht nur diese persönlich, sondern deren „Stamm“ bedacht werden sollte, wenn sie das Erbe selbst nicht mehr erlebt.
 
Ob ein solcher Erblasserwille bestanden hat oder gemutmaßt werden kann, ist anhand aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Im vorliegenden Fall wurde über zwei Instanzen nach Zeugenvernehmungen und Sichtung von Schriftstücken ein solcher Wille nicht festgestellt.
 
Wie so oft befindet man sich bei Auslegungen von Testamenten und den Begleitumständen auf sehr unsicherem Terrain.
 
Deshalb ist dringend zu empfehlen, eindeutige testamentarische Regelungen für den Fall zu treffen, wenn die zunächst bedachte Person vorverstirbt.
 
Ferner, wenn der sogenannte Katastrophenfall eintritt und man mit dieser kurz hintereinander aus gleichem Anlass, zum Beispiel bei einem Autounfall, verstirbt. Dann hängt die Erbfolge von den oft unsicheren Feststellungen am Unfallort und damit vom Zufall ab, in welchen Familienstamm das Erbe wandert.
Share by: