Vorsicht bei vorschnellen Erklärungen

VORSICHT BEI VORSCHNELLEN ERKLÄRUNGEN

Trennen sich Eheleute, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, besteht oft der Wunsch, die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung rasch zu regeln.
 
In der familienrechtlichen Praxis sind dies vor allen Dingen Vereinbarungen über das weitere Schicksal eines gemeinsamen Familienheims und des geschuldeten Zugewinns. Dies ist die Hälfte des Betrages, den ein Ehegatte an höherem Vermögenszuwachs als der andere während der Ehezeit erzielt hat. Die Ehezeit beginnt mit der Heirat und endet mit der Zustellung des Scheidungsantrages.
 
Ist den meisten Eheleute noch bewusst, dass der Verkauf oder die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einer gemeinsamen Immobilie der notariellen Beurkundung bedarf, ist weitgehend unbekannt, dass auch Nebenabreden im Vorgriff auf eine spätere Auseinandersetzung der Immobilie beurkundungspflichtig sein können. So zum Beispiel, wenn sich Eheleute vorab über einen Verkaufspreis oder eine ortsgerichtliche Bewertung einigen.
 
Die Beurkundungspflicht folgt aus den Formvorschriften über Vereinbarungen zum Zugewinn. Vor Rechtskraft der Scheidung sind solche nach dem Gesetz nämlich beurkundungspflichtig. Auch scheinbare Nebenabreden, wie Vereinbarungen über den Wert der Immobilie, sind ohne notarielle Urkunde null und nichtig; denn sie sind letztendlich für die Frage der Höhe des Zugewinns unter Umständen von ganz entscheidender Bedeutung.
 
Durch die notarielle Form sollen Ehegatten gerade vor übereilten, für sie nachteiligen Erklärungen geschützt werden.
 
Dies gilt erst recht, wie das Oberlandesgericht Hamm im Jahre 2014 festgestellt hat, für ein Schuldanerkenntnis:
 
Eine getrennt lebende Ehefrau hatte privatschriftlich eine Summe von sage und schreibe 1,5 Millionen Euro gegenüber ihrem Ehemann als Zugewinnausgleich anerkannt. Ein darauf gestützter Antrag des Ehemannes wurde wegen Formnichtigkeit zurückgewiesen.
 
Oftmals wird auch verkannt, dass Regelungen über vermeintlichen ehelichen Hausrat der notariellen Form bedürfen. Handelt es sich nämlich um solche Haushaltsgegenstände, die ein Ehegatte bereits in die Ehe mit eingebracht hat oder während der Ehe, zum Beispiel durch Schenkung seiner Eltern, zu Alleineigentum erworben hat, fallen diese in den Zugewinn.
 
Gleiches gilt unter Umständen auch für einen während der Ehe angeschafften Pkw.
 
Handelt es sich also um Bestandteile des ehelichen Zugewinn, kann eine Gesamtregelung mangels notarieller Form unwirksam sein.
 
Dies kann für einen Ehegatten, der sich darauf verlässt, dass sich der andere an die Vereinbarung hält, besonders bitter sein. Insbesondere dann, wenn noch Regelungen zum Ehegattenunterhalt in diesem Zusammenhang getroffen werden.
 
Dann besteht die Gefahr, dass sich der nicht vertragstreue Teil später auf die Formunwirksamkeit der ursprünglich getroffenen Regelungen berufen kann, und zwar auf alle, also auch etwa nicht formbedürftige Teile der Regelung.
 
Selbst wenn die Eheleute eine gemeinsame Immobilie einvernehmlich veräußern, sollte sie spätestens bis zu diesem Zeitpunkt auch formwirksam ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Wer kann schon vorhersehen, was beispielsweise mit dem jeweiligen Verkaufserlös bis zur Zustellung des Scheidungsantrages, also dem Endzeitpunkt für die Berechnung des Zugewinns geschieht. Wird dieser von einem Ehegatten in zulässigem Umfang verlebt, beispielsweise für Urlaube, ist es möglich, dass der sparsame Ehegatte diese über den Zugewinnausgleich mitfinanziert.
 
Eheleuten in der Trennungssituation, die sich einvernehmlich scheiden lassen wollen, kann daher nur angeraten werden, möglichst früh eine anwaltliche oder notarielle Beratung in Anspruch zu nehmen.
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