Pflichtteilergänzungsanspruch

PFLICHTTEILSERGÄNZUNGSANSPRUCH

Neben dem sogenannten ordentlichen Pflichtteil steht dem Pflichtteilsberechtigten eventuell ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Dieser besteht dann, wenn der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten dadurch verringert hat, dass er seinem Ehegatten während der Ehe oder sonstigen Dritten innerhalb der letzten zehn Jahre Schenkungen gemacht hat.
 
Ein Erblasser könnte angesichts von unliebsamen Pflichtteilsberechtigten auf die Idee kommen, einfach sein Vermögen und damit seinen künftigen Nachlass durch Schenkungen an Dritte zu verringern, so dass sich dadurch im Ergebnis auch der Pflichtteilsanspruch entsprechend mindert. Dem wird durch das Gesetz aber einen Riegel vorgeschoben: neben dem sogenannten ordentlichen Pflichtteil steht dem Pflichtteilsberechtigten in einem solchen Fall eventuell ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Dieser besteht dann, wenn der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten dadurch verringert hat, dass er seinem Ehegatten während der Ehe oder sonstigen Dritten innerhalb der letzten zehn Jahre Schenkungen gemacht hat. Solche Schenkungen werden für die Berechnung des Pflichtteils so behandelt, als ob sie noch im Nachlass vorhanden wären. Allerdings verringert sich der so hinzu zu rechnende Wert für jedes abgelaufene Jahr seit der Schenkung um zehn Prozent. In zwei wichtigen Fällen fängt diese gesetzliche Frist aber überhaupt nicht an zu laufen.
 
Zum einen, wenn die Schenkung an den eigenen Ehegatten erfolgt.
 
Zum anderen, wenn es der Beschenkte zwar formal betrachtet, dass Geschenk erhält, aber rein tatsächlich nicht in dessen Genuss kommt oder, mit anderen Worten, der Schenker den Genuss nicht entbehren muss.
 
Dies wird besonders an folgendem, sehr praxisrelevantem Fall deutlich:
 
Eltern übertragen einem ihrer Kinder das von ihnen selbst bewohnte Hausgrundstück zum Alleineigentum, behalten sich aber an diesem ein Nießbrauch oder Wohnungsrecht vor.
 
Damit wird das Kind zwar formal Eigentümer, erhält jedoch eine „leere Hülse“, weil es die Immobilie aufgrund des vorbehaltenen Rechtes der Eltern überhaupt nicht zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken nutzen kann.
 
Behält sich der Übergeber nur an einem Teil eines Gebäudes ein Wohnungsrecht vor, so kann dies nach einer jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu führen, dass die 10-Jahres-Frist zu laufen beginnt.
Share by: