Widerruf Testament Geschaeftsunfaehigkeit

Widerruf des Testamentes bei Geschäftsunfähigkeit

Wenn Ehegatten gemeinsam ein handschriftliches Testament errichten, wählen sie in der Regel das so genannte „Berliner Testament“. Sie setzen den Längstlebenden von ihnen zum Alleinerben ein und bestimmen zum Schlusserben gemeinsame Kinder.


Vielfach ist dabei überhaupt nicht bekannt, dass eine solche übliche letztwillige Verfügung dazu führt, dass der längstlebende Ehegatte dieses Testament nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr ändern kann. Er kann damit in keiner Weise mehr auf spätere Störfälle oder Fehlentwicklungen im Zusammenhang mit den als Schlusserben eingesetzten Kindern reagieren, beispielsweise wenn diese unerwartet Sozialleistungen beziehen oder verschuldet sind. Zu Lebzeiten können die Eheleute auch nur gemeinsam das Testament ändern. Stimmt ein Ehegatte der Änderung nicht zu, bleibt dem anderen nur noch die Möglichkeit, das Testament zu widerrufen. Dies geschieht durch eine notariell zu beurkundende Widerrufserklärung, die dem anderen Ehegatten förmlich zugestellt werden muss.


Ist dies aber noch möglich, wenn der andere Ehegatte geschäftsunfähig geworden und für diesen eine gerichtliche Betreuung angeordnet wurde?


Über einen solchen Fall hatte nunmehr das Oberlandesgericht Hamm im November vergangenen Jahres zu entscheiden:


Die Erblasserin war verwitwet. Mit ihrem vorverstorbenen Ehemann hatte sie, weil die Ehe kinderlos geblieben war, ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in welchem sie nach der wechselseitigen Erbeinsetzung als Schlusserben Verwandte sowie Freunde und Bekannte als Miterben einsetzten. Noch zu Lebzeiten des Ehemannes wurde für die Ehefrau eine gerichtliche Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Behördenangelegenheiten, Haus-, Grundstücks- und Vermögensangelegenheiten sowie Renten-, Post- und Versicherungsangelegenheiten bestellt.


Der Ehemann hatte daraufhin den Widerruf des gemeinsamen Testamentes zu notarieller Urkunde erklärt und diesen der Betreuerin förmlich zustellen lassen. Anschließend setzte er mit weiterer notarieller Urkunde abweichend von dem früheren gemeinschaftlichen Ehegattentestament andere Personen zu seinen Erben ein.


Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm war dieser, gegenüber der Betreuerin erklärte Widerruf trotz der Geschäftsunfähigkeit der Ehefrau wirksam. Dies hatte allerdings nicht nur zur Folge, dass der Ehemann noch vor seinem Tode wieder frei testieren konnte, sondern auch, dass die ursprünglichen Erbeinsetzungen der Ehefrau unwirksam wurden. Gemeinsame letztwillige Verfügungen von Eheleuten in einem Berliner Testament sind nämlich nach dem Gesetz im Zweifel wechselbezüglich, „stehen und fallen“ also miteinander. Dies hatte dann aber zur weiteren Konsequenz, dass bezüglich der Ehefrau gesetzliche Erbfolge eintrat, weil deren Erbeinsetzungen unwirksam geworden waren.


Im Ergebnis führt ein solcher Widerruf des geschäftsfähigen Ehegatten dazu, dass der geschäftsunfähige und damit testierunfähige Ehegatte hierdurch nicht mehr durch die Errichtung eines eigenen Testaments auf diese Situation reagieren kann.


Eheleute, die ein gemeinsames Testament errichten, sollten sich daher stets genau überlegen, ob sie dem Längstlebenden von ihnen nicht zumindest in gewissem Umfang eine Abänderungsbefugnis bezüglich der getroffenen Schlusserbeneinsetzung einräumen wollen. 


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