Inkraftreten & Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht

INKRAFTTRETEN & WIRKSAMKEIT VORSORGEVOLLMACHT

Zum besseren Verständnis muss man sich zunächst die Grundstruktur jeder Vollmacht vor Augen führen:

 

Es ist zu unterscheiden zwischen dem sogenannten Außenverhältnis und dem sogenannten Innenverhältnis.

 

Das Außenverhältnis betrifft die Rechtswirkungen der Vollmacht gegenüber Dritten, beispielsweise Behörden und Banken. Es geht um das rechtliche „Können“, etwa das Abheben von Geld.

 

Das Innenverhältnis dagegen betrifft das Rechtsverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten. Es geht hier um das rechtliche „Dürfen“.

 

Wie stets im Leben gilt auch für den Bevollmächtigten:

 

Nicht alles was ich kann, darf ich auch tun!

 

Hält Bevollmächtigte das Original einer privatschriftlichen Vollmacht oder die notarielle Ausfertigung einer Vollmachtsurkunde in der Hand, ist er gegenüber der Bank legitimiert und kann sofort „das Konto leer räumen“. Ob er dies auch darf, richtet sich nach den Anweisungen des Vollmachtgebers, also nach dem bereits genannten Innenverhältnis.

 

Jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, eine Vorsorgevollmacht zu errichten und dem an dieser Stelle bereits Bedenken kommen, dass der von ihm in Betracht gezogene Bevollmächtigte seine Befugnisse im Außenverhältnis vielleicht überschreiten wird, sollte hiervon Abstand nehmen und stattdessen durch Errichtung einer Betreuungsverfügung die betreffende Person einer gerichtlichen Kontrolle unterwerfen.

 

Letztendlich geht es hier um einen Interessengegensatz der in einen vernünftigen Ausgleich zu bringen ist:

 

Einerseits soll die Vollmacht nach außen hin uneingeschränkt wirksam sein, damit der Bevollmächtigte im Vorsorgefall sofort für den Vollmachtgeber handeln kann; andererseits soll einem Missbrauch der Vollmacht ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Bei notariellen Vollmachten kann dies dadurch geschehen, dass insbesondere bei der Bevollmächtigung familienfremder Personen oder für Ersatzbevollmächtigte angeordnet wird, dass diese eine Ausfertigung der notariellen Vorsorgevollmacht erst dann vom Notar ausgehändigt bekommen, wenn sie bestimmte Nachweise erbringen, so zum Beispiel die Vorlage eines einfachen ärztlichen Attestes mit dem Inhalt, dass der Vollmachtgeber die in der Vollmacht aufgeführten persönlichen und finanziellen Angelegenheiten aus medizinischen Gründen nicht mehr ganz oder teilweise selbst erledigen kann.

 

In meiner notariellen Praxis war es bislang stets so, dass in diesen Fällen die Ärzte persönlich mit mir Kontakt aufnahmen und sich sehr gewissenhaft verhalten haben. Insoweit bedeutet eine solche „notarielle Ausfertigungssperre“ zumindest eine hohe formale Hürde für missbräuchliche Verhaltensweisen. Einen absoluten Schutz gibt es, wie immer im Leben, nicht.

 

Von einer generellen Beschränkung der Wirksamkeit der Vollmacht im Außenverhältnis rate ich deshalb ab, in einzelnen vermögensrechtlichen Angelegenheiten kann dies durchaus sinnvoll sein, zum Beispiel ein Schenkungsverbot.

 

Auf jeden Fall sollte der Bevollmächtigte im Innenverhältnis ausdrücklich angewiesen werden, die Vollmacht nur nach vorheriger Weisung auszuüben, und zwar nur für den Fall, dass der Vollmachtgeber aufgrund geistiger, seelischer oder körperlicher Erkrankungen oder Behinderungen weder ganz noch teilweise seine Angelegenheiten besorgen kann.


Share by: